Woher kommt aller Unfrieden?

Woher kommt aller Unfrieden?

Ein Junge in Paso Flores beobachtet die kleine Versammlung. „Was soll ich hier?“, denkt er sich.

10 min. ·

Südamerika 1988:

Hansi ist 14 Jahre jung. Seine Familie gehört einer sehr konservativen Glaubensgemeinschaft in Südamerika an. Kürzlich ist die Versammlung von ehemals 80 auf nun 30 Mitglieder geschrumpft. Spaltung und Uneinigkeit haben die Gruppe auseinandergerissen. Auch Gesetze und Regeln konnten sie nicht zusammenhalten.

Der Junge aus Paso Flores in Argentinien beobachtet die kleine Versammlung und nimmt wahr, dass er das Durchschnittsalter in der Gemeinde kräftig nach unten zieht. Er versucht zu verstehen, was der ältere Pastor erzählt. Schlussendlich gibt er auf. „Was soll ich hier?“, fragt er sich. Die Antwort weiß er zum Teil: Seit letztem Jahr verspürt er ein deutliches Verlangen. Er kann es jedoch nicht genau beschreiben.

Hansi schaut zu seiner Mutter rüber. Sie wirkt traurig. Sie und der Vater haben viel zusammen gesprochen und zu Gott gebetet. „Wir brauchen eine Erweckung“, hörte er die Mutter heute früh sagen.

Ich wurde zum Dienst für Jesus ausgerüstet

Deutschland 1988: 

Stefan wird nicht täglich in das Zimmer des Chefs gerufen. Der Chef redet, gestikuliert und erklärt vor und zurück, aber die Sache ist eindeutig: Wir können dich nicht mehr beschäftigen. Der Chef schaut besorgt zu Stefan, doch dessen Gesicht strahlt vor Freude. Stefan nimmt seine Jacke und schüttelt die Hand des Chefs herzlich, bevor er in Eile den Weg aus dem Bürogebäude nimmt.

Vor zwei Tagen hatte Stefan zusammen mit einem guten Freund innig zu Gott gebetet. Sie hatten in der letzten Zeit viel zusammen gebetet, aber diesmal kam auf dem Heimweg etwas Besonderes über die jungen Männer.

„Damals habe ich das nicht ganz verstanden, aber später habe ich erkannt, dass ich in dieser Nacht mit dem Heiligen Geist zum Dienst getauft worden bin, um etwas für Jesus zu tun“, erzählt Stefan heute.

„Ich sah vor mir Familien und einzelne Menschen, die noch nichts von dieser freimachenden Botschaft gehört hatten. Ich spürte es so: An mir soll es nicht liegen, dass diese Menschen nicht vom Evangelium hören. Ich spürte eine richtige Verantwortung anderen Menschen zu dem Leben zu verhelfen, das mich glücklich gemacht hatte. Ich bat Gott innig um ein Zeichen, was ich tun sollte.“

"Ich spürte eine richtige Verantwortung anderen Menschen zu dem Leben zu verhelfen, das mich glücklich gemacht hatte."

Jetzt war Stefan frei, um die Berufung auszuführen, die er spürte, nämlich den Missionsbefehl zu erfüllen: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Mt. 28,19-20)

Stefan fährt zu einem guten Freund, Friedrich Holzwarth, der ein großes Vorbild für ihn ist. Holzwarth hat schon viele Jahre missioniert – und Stefan merkt, dass die Liebe zu Jesus, die er jetzt verspürt, auch die Triebkraft im Dienst von Holzwarth ist.

Gebetserhörung

Paso Flores 1988:

Ein deutscher Prediger soll die Versammlung diesen Sonntag besuchen. Hansis Mutter und Vater unterhalten sich angeregt. Sie spüren, dass sie Antwort auf ihre Gebete bekommen haben.

Aber der Mann kommt nur still herein und setzt sich unter die Zuhörer. Nach kurzer Zeit sieht sie zu ihrer großen Überraschung, dass Tränen an seinem Kinn herunterrinnen.

Der deutsche Prediger ist Stefan Hofmeisters Freund, Friedrich Holzwarth. „Lasst uns die Knie beugen und zu Jesus beten“, sagt er. Zum ersten Mal seit vielen Jahren betet die Gruppe gemeinsam! „Ihr habt ein Problem!“, sagt er dann, "und das ist, dass ihr nicht einander vergeben könnt!“ Das ist genau das Problem. Sie haben immer mit Fingern aufeinander gezeigt, wenn es in der Gemeinde Probleme gab.

Der Versammlung wird ihr eigener Zustand schmerzlich bewusst. Viele von ihnen hatten um Erweckung gebetet. Sie hatten ein Verlangen nach Jesu Leben, steckten aber in Uneinigkeit und Trennung fest. Es machte großen Eindruck auf sie, die Reaktion des deutschen Predigers zu sehen. Sie hatten vorher noch nie jemanden gesehen, der wegen ihnen weinte.

„Woher kommt aller Unfrieden?“

Der Gast aus Deutschland kommt mit einer Botschaft, die unmittelbar die Herzen trifft: „Woher kommen Streit und Krieg unter euch? Kommt´s nicht daher: aus euren Lüsten, die da streiten in euren Gliedern?“, liest Holzwarth aus Jakobus 4,1 bevor er in Römer 7,18 fortsetzt: „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes. Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht.“

Die Botschaft ist klar. Das Problem sind also nicht die anderen, sondern die angeborene Sünde, die in der Natur der Menschen wohnt! Glücklicherweise gibt es einen Erlöser, Jesus, der ein Mensch wie wir war, mit den gleichen Versuchungen zu sündigen. Er kann uns befreien!

Paso Flores 1990:

Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es eine Konferenz in Paso Flores. Mehrere Brüder von Der Christlichen Gemeinde sind anwesend. Der junge Mann, den Holzwarth aus Deutschland mitgebracht hat, spricht mit einer Ausstrahlung und einem Eifer, die Hansi deutlich ansprechen.

Das ist nicht eine trockene Theorie, sondern ein Mann, der direkt aus seinem eigenen Leben heraus spricht. Es ist deutlich zu merken, dass er sehr gerne möchte, dass jeder Einzelne in der Versammlung versteht, wovon er spricht.

Glücklicherweise gibt es einen Erlöser, Jesus, der ein Mensch wie wir war, mit den gleichen Versuchungen zu sündigen. Er kann uns befreien!

Hansi erzählt auch, dass Stefan nicht nur Gottes Wort redete, sondern auch Zeit mit ihnen verbrachte und sie kennenlernte. „Stefan Hofmeister strahlte etwas von Gott aus“, erinnert sich Hansi gut. „Und das war genau das Leben, nach dem ich Verlangen hatte und das ich nun live vor mir sah.“

Eine wichtige Zeit

Als Hansi 19 Jahre alt ist, kommt eine kritische Zeit in seinem Leben als Christ. Auch wenn er weiß, wie er leben soll, hat er doch weder Kraft noch Glauben, um über die Lüste zu siegen. Er wusste, dass er Hilfe und Gemeinschaft brauchte, wenn es weitergehen sollte.

Eines Tages auf der Jagd fragt ihn Stefan, ob er ihn auf seinen Reisen als Spanisch-Übersetzer begleiten möchte. Hansi spürte sofort eine Bestätigung in seinem Herzen: "Das soll ich tun."

Es folgten mehrere wichtige Jahre für Hansi, in denen er Stefan auf seinen Reisen in Südamerika begleitete, um die Kontakte zu pflegen, die Holzwarth früher geknüpft hatte.

"Auf mich hat es einen großen Eindruck gemacht, wie Stefan mit den verschiedenen Menschen redete und ihnen begegnete und sein Leben aus nächster Nähe zu erleben“, sagt Hansi. „Ich habe früher nie einen Menschen erlebt, der so wenig mit sich selbst beschäftigt ist und so eine große Liebe und Fürsorge für andere Menschen hat.“

"In dieser Zeit haben wir auch oft zusammen zu Gott gebetet, und es dauerte nicht lange, bis der Heilige Geist mir all die Kraft und den Glauben gab, die ich brauchte um zu siegen."

Einige wenige aus Tausenden

Schweiz 2012:

Stefan erzählt begeistert von der Arbeit in Südamerika. Er berichtet, wie Gott ihn direkt zu diesen Menschen geführt hat, auch zu Hansi und seiner Familie.

„Wir sind ganz von den Wirkungen des Heiligen Geistes abhängig, um diese Menschen zu finden“, erzählt Stefan. „Von tausenden Menschen sondern sich einige wenige ab, die an der Botschaft von Sieg über die Sünde interessiert sind. Und dann vergehen fünf Jahre, zehn Jahre, in denen sich einer nach dem anderen anschließt. Und zum Schluss hat man eine kleine Gemeinde mit einer Lebenskraft, in die Gottes Wort hineinkommen durfte und seine Wirkung entfacht hat."

Hansi Maier erzählt davon, wie Stefan zusammen mit anderen dafür gearbeitet hat, den Leib Christi in Paso Flores aufzubauen (1. Kor. 12,12-30).

„In dieser Arbeit ist überaus wichtig, dass man die Einzelnen begleitet“, unterstreicht Hansi. „Viele Prediger reisen in der Welt herum, um Gemeinden zu „pflanzen“. Sie verkündigen vielleicht in vollen Sälen und hunderte bekehren sich. Doch dann reisen sie gleich weiter.“

„Diese Arbeitsweise ist so, als würde man ein Baby in Wind und Wetter ohne Nahrung aussetzen. Das überlebt nicht lange.“ Hansi denkt daran, wie er selbst ein geistliches Baby war, ganz abhängig von Fürsorge, Liebe, Wegleitung und geistlicher Nahrung.

„Es ist nicht leicht, den Weg alleine zu finden“, sagt Stefan. „Es ist gut, wenn du einige um dich herum hast, die dir helfen und dir Trost und Worte zur rechten Zeit geben können. Besonders am Anfang eines Christenlebens ist dies wichtig.“

Nichts weniger als ein Wunder

Paso Flores, Mai 2012:

Heute ist Einweihungsfeier für einen ganz neuen Konferenzort in Paso Flores. Stefan und Hansi begrüßen sich herzlich. Es ist schwierig, die Tränen zurückzuhalten. Wer von ihnen hätte dies vor 24 Jahren sehen können?

Hansi denkt daran, wie in den letzten Jahren die Geschwister in Südamerika noch stärker zusammengeknüpft wurden. Er lächelt, wenn er an die erste Zeit zurückdenkt, an den Kulturcrash, der in den Versammlungen zwischen den spirituellen Chilenen und der stark konservativen Schar aus Paso Flores entstand. Mit Dankbarkeit denkt er daran, wie Gott den Einzelnen von ihnen Hilfe gegeben hat, seine eigene Sünde in den unterschiedlichen Situationen zu erkennen, anstatt die anderen zu beschuldigen. Auf die Weise sind sie näher und näher zusammengewachsen und haben es unglaublich gut miteinander bekommen. Jetzt können sie feiern, dass der Konferenzplatz fertig ist.

Hansi schickt seinem himmlischen Vater ein Dankgebet. Was dieser in ihnen und für sie alle getan hat, ist nichts weniger als ein Wunder.

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